
Martin Schulze aus Bilk hat als Besucher der Seite www.abgeordnetenwatch.de (Landtagswahl NRW) bzgl. des Themas „Finanzpolitik“ eine Frage an Marion Warden gestellt. Um die Frage direkt einzusehen, können Sie auch diesem Link folgen:
Link zur Frage von Martin Schulze bei abgeordnetenwatch.de
Die Antwort von Marion Warden an Herrn Schulze ist ebenso direkt über www.abgeordnetenwatch.de abrufbar, wird jedoch auch auf dieser Homepage veröffentlicht:
Sehr geehrter Herr Schulze,
in der Tat war es so, dass wenige Wochen nach der Wahl von Hannelore Kraft zur Ministerpräsidentin die rot-grüne Landesregierung einen Nachtragshaushalt in den Landtag einbrachte. Im Dezember 2010 wurde der Nachtrag zwar im Parlament mit einer absoluten Mehrheit verabschiedet, er konnte aber nicht vollzogen werden. Die CDU hatte in Münster vor dem Verfassungsgerichtshof geklagt und dabei insbesondere die Vorsorgemaßnahmen für die Risiken der WestLB kritisiert, die sie in der Haushaltsdebatte 2012 plötzlich selbst forderte. Aus unserer Sicht war diese Vorsorge notwendig und der Nachtragshaushalt eine Schlussabrechnung mit Schwarz-Gelb. In ihm war kein einziges Projekt der neuen rot-grünen Landesregierung enthalten. Der letzte von Schwarz-Gelb beschlossene Landeshaushalt (2010) sah übrigens in der Mittelfristigen Finanzplanung in jedem Jahr bis einschließlich 2013 eine Nettoneuverschuldung in Höhe von über sechs Milliarden Euro vor (Quelle: „Finanzplanung 2009 bis 2013 mit Finanzbericht 2010 des Landes Nordrhein-Westfalen“, Drucksache 14/9701 vom 1. September 2009, Seite 25, Abbildung 12).
Der Kurs von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Finanzminister Norbert Walter-Borjans für die kommende Legislaturperiode in Nordrhein-Westfalen ist klar. Bei den Milliarden Euro Nettoneuverschuldung soll ab dem Jahr 2014 eine „Zwei“ vor dem Komma stehen, ab 2017 eine „Eins“ und 2020 muss schließlich die „Null“ stehen. So ist auch die Mittelfristige Finanzplanung im Haushaltsentwurf 2012 angelegt, der bekanntlich von den Oppositionsfraktionen abgelehnt wurde. Das vorläufige Ergebnis des ersten rot-grünen Landeshaushalts von SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (2011) beinhaltet eine Nettoneuverschuldung in Höhe von 3,03 Milliarden Euro (Quelle, „Haushaltsentwicklung 2011“, Vorlage 15/1212 vom 1. Februar 2012, Seite 2). Insofern befindet sich SPD-Finanzminister Norbert Walter-Borjans exakt auf dem eingeschlagenen Kurs. Nordrhein-Westfalen ist zudem das Bundesland mit den geringsten Pro-Kopf-Ausgaben: Auf der Basis des im Landtag eingebrachten Haushaltsentwurfs 2011 plante das Land NRW Ausgaben von 3.111 Euro je Einwohner ein. Nach dem Ergebnis einer Länderumfrage veranschlagt etwa Bayern 3.392 Euro, Hessen 3.494 Euro, Niedersachsen 3.141 Euro und Baden-Württemberg 3.271 Euro. Bei der Pro-Kopf-Verschuldung rangiert NRW im Mittelfeld (Quelle: Wikipedia, Artikel „Staatsverschuldung Deutschlands“).
Zudem bin ich dafür, dass wir die Schuldenbremse in der Landesverfassung regeln – zum Schutz der Kommunen. Eigentlich ist die Aufnahme der Schuldenbremse in die Landesverfassung überflüssig, da sie im Grundgesetz verankert ist und eingehalten werden muss. Meines Erachtens machen weitere Regelungen nur dann Sinn, wenn sie auch substantiell Neues betreffen. Bedarf sehe ich hier beim Schutz der Kommunen: Die Gefahr ist, dass das im Grundgesetz Art 109 festgelegte Verschuldungsverbot für Bund und Länder zu einer Verschiebung der Lasten auf die Kommunen führt. Die Städte, Kreise und Gemeinden wären damit aber überfordert, wenn nicht gleichzeitig eine finanzielle Mindestausstattung der Kommunen in der Verfassung verankert wird. Daher muss eine Änderung der Landesverfassung die kommunalen Belange berücksichtigen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Marion Warden