Marion Warden MdL: Plenarrede Oktober 2014 zur Finanzierungsfrage der „Schulsozialarbeit“

Antrag der Piratenfraktion
Sehr geehrter Herr Präsident,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich glaube ich kann für uns alle sprechen, wenn ich sage, die Sozialarbeiterinnen und
Sozialarbeiter in unserem Land machen einen sehr guten Job. Wir brauchen Sie!

Und das unabhängig davon an welchem Ort und in welchem Bereich sie eingesetzt werden. Sei es in der aufsuchenden Jugendarbeit, in der Sozialarbeit in den Schulen oder bei vielfältigen anderen Beschäftigungsmöglichkeiten, welche ich jetzt nicht alle aufzählen mag. Die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter leisten wertvolle Unterstützung für die ermutigende Entwicklung der Kinder und Jugendlichen in unserem Land.

Allerdings muss ich heute auch deutlich machen, dass sich eine Forderungshaltung so wichtig und berechtigt sie sein mag, oftmals nicht dadurch lösen lässt, Anträge, dazu mit direkter namentlicher Abstimmung, also ohne Beratung im Fachausschuss, hier zu stellen.

Wenn ich ein Problem lösen will, muss ich mich mit den Ursachen der Entstehung
genau und im Detail befassen – und das möchte ich jetzt kurz vortragen:
Bei dem heute zu entscheidenden Antrag der Fraktion der Piraten geht es nicht um die Schulsozialarbeit im klassischen Sinn, wie wir sie seit Jahren kennen und wie sie sich seit Jahren in den Schulen bewährt hat. Übrigens durch das das Schulministerium finanziert. Sie ist in vielen Schulen verankert, weil hier die größte Schnittmenge in der Arbeit mit heranwachsenden Menschen besteht. Bei der Leistung, für die Sie hier heute Landesmittel beantragen, handelt es sich aber um Leistungen des Bildungs-und Teilhabegesetzes, einem Bundesgesetz! Auslöser dafür war eine Entscheidung aus Februar 2010 des Bundesverfassungsgerichtes. Darin hat das Gericht definiert, wie der verfassungsrechtliche Anspruch auf ein menschenwürdiges Dasein für Kinder und Jugendliche aus Familien im Sozialleistungsbezug nach dem Sozialgesetzbuch II, zu gewährleisten ist. Und es stellte ebenfalls eindeutig dar, dass dazu eben auch die „Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß [auch] an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben“ mit umfasst ist. Aus dieser Entscheidung entstand das im April 2011 in Kraft getretene Bildungs-und Teilhabegesetz (BuT). Darin werden, zusätzlich zum Regelsatz nach dem SGB II, den Haushalten mit Kindern Leistungen zur Teilhabe zugestanden: Persönlicher Schulbedarf, Mittagsverpflegung, Lernförderung, Ein – und mehrtägige Klassenfahrten, Teilhabe bei Musik, Sport oder Kultur und anderes mehr. Zusätzlich wurden den Kommunen im Rahmen des BuT befristet für drei Jahre Bundesmittel zur Finanzierung von Sozialarbeit zur Stärkung der sozialen und bildungspolitischen Kompetenz von Schülerinnen und Schülern zur Verfügung gestellt. Und das ist wichtig klarstellen, weil hier die Abgrenzung zur schon lange vorhandenen und in den Kommunen verankerten, wirksamen Schulsozialarbeit in den Schulen besteht.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
wir wissen zu schätzen, dass diese Leistungen bei den Betroffenen angekommen sind. Und es ist unzweifelhaft, dass die Kreise und kreisfreien Städte als Träger der Leistungen nach dem BuT eine auskömmliche Finanzierung durch Bundesmittel benötigen. Auch die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände sieht darin ein erfolgreiches Instrument. Aber nun ist auch der Bundesgesetzgeber gefordert, sein Bildungspaket neu zu schnüren. Natürlich muss die Finanzierung für die nächsten Jahre gesichert werden, aber eine halbherzige Zwischenlösung bringt weder den Sozialarbeitern und Sozialarbeiterinnen mit den in Teilen immer wieder befristeten Arbeitsverträgen eine sicheren Arbeitsplatz, noch dient es der Aufgabe in ihrer Gesamtbedeutung. Eines muss aber auch klar sein, aufgrund der angespannten finanziellen Haushaltslage können wir in NRW keine dauerhaften Aufgaben des Bundes übernehmen. Es bleibt deshalb dabei: Der Bund ist hier in der Pflicht! Ob wir die Leistung jetzt Sozialarbeit oder Schulsozialarbeit nennen ist dabei unerheblich. Es geht um den Inhalt der Arbeit und dieser muss fester Bestandteil des Bildungs- und Teilhabepakets und damit fest ins SGB II integriert werden. So sehen es übrigens auch die Träger der freien Wohlfahrtspflege. Dieses haben wir als SPD-Fraktion schon mit unserem Antrag von April 2013 forciert und dafür die Zustimmung im damaligen Bundesrat erhalten. Ich möchte aber auch noch einmal die Chance nutzen und mich im Namen meiner Fraktion ausdrücklich bei den Kommunen bedanken, welche mit sehr konsequentem Einsatz daran arbeiten, die Teilhabe von Schülerinnen und Schülern durch freiwillige kommunale Mittel sicherzustellen.

Auch den vorliegenden Entschließungsanträgen können wir heute nicht folgen. Natürlich bekommen wir zusätzliche finanzielle Mittel vom Bund durch die Übernahme der Kosten des Bafög, doch sind diese Gelder bereits in den Bereichen Inklusion und Schule, den Hochschulen und ganz wichtig für den Ausbau der U3- Betreuung, einkalkuliert.

Das Land NRW leistet aber ab dem Schuljahr 2014/2015 durch den Einsatz multiprofessioneller Teams zur Unterstützung der Schulen, insbesondere im Rahmen der Inklusion, einen ersten wichtigen Beitrag zur Sicherung sozialer Teilhabe. Von rund 600 Sozialarbeiterstellen im Landeshaushalt einmal ganz abgesehen. Ja, wir brauchen jetzt eine Lösung. Und wir arbeiten daran! Aus diesem Grund müssen wir und wir werden auch weiterhin zusammen mit den Kommunen und dem Bund im Rahmen bestehender Etats und Programme Lösungen für die nachhaltige Finanzierung der Schulsozialarbeit entwickeln.