Nordrhein-Westfalen steht ein für Demokratie und Vielfalt
I.
Der terroristische Anschlag auf die Redaktion des Satiremagazins „Charlie Hebdo“ in Paris und die folgenden Geiselnahmen in einer Druckerei und in einem koscheren Supermarkt waren unmenschliche Akte des Hasses gegen die Freiheit und ein mörderisches Fanal des Antisemitismus. Menschen wurden ermordet, nur weil sie ihr Recht auf freie Meinungsäuße-rung in Anspruch nahmen, weil sie als Polizisten ihren Dienst versehen haben oder weil sie jüdischen Glaubens waren. Wir trauern mit unseren europäischen Freundinnen und Freun-den in Frankreich um die 17 unschuldigen Opfer von Paris. Unser tiefempfundenes Mitgefühl gilt auch den Angehörigen und Verletzten des Anschlags.
Bei allem Leid, das die Terroristen angerichtet haben, sind sie doch politisch gescheitert: Sie wollten Frankreich in Angst versetzen und das Land spalten.
Sie haben das Gegenteil erreicht. Der gesellschaftliche Widerstand gegen die gewaltsame Einschränkung von Freiheitsrechten ist gewachsen und die europäische Solidarität ist ge-stärkt. Der Mut und das Engagement der Franzosen, für die demokratischen Werte der V. Republik einzutreten, sind heute größer denn je.
Zu Millionen standen sie auf den Straßen – Christen, Muslime und Juden, Agnostiker und Atheisten – vereint und entschlossen, für ihre Freiheit einzustehen.
Die Bürgerinnen und Bürger Frankreichs haben ein machtvolles Zeichen für Zivilcourage, Solidarität und Freiheitsliebe gesetzt. Mit ihnen standen bereits am Tag der Anschläge Zehn-tausende Menschen in vielen großen Metropolen Europas auf gegen politische Gewalt und religiösen Fanatismus. Auch in den Städten unseres Landes haben Tausende spontan ihre Solidarität zu Frankreich zum Ausdruck gebracht. Wir in Nordrhein-Westfalen stehen an der Seite Frankreichs.
II.
Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte vom 26. August 1789 durch die französische Nationalversammlung ist ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte der freiheitlichen und demokratischen Verfassungen. Ohne Menschen- und Bürgerrechte kann es keinen gesell-schaftlichen Fortschritt, keine Gerechtigkeit und keine Freiheit geben. Aber Freiheit ist nicht selbstverständlich, auch unsere nicht.
Wir in Nordrhein-Westfalen sind fest entschlossen, den Geist und die Geltung der Men-schen- und Bürgerrechte mit allen Mitteln des demokratischen Rechtsstaates gegen die Feinde der offenen Gesellschaft zu verteidigen. Unsere schärfste Waffe ist die gelebte Frei-heit selbst. Sie beginnt mit der Freiheit des Wortes.
Ohne Meinungsfreiheit gäbe es keine demokratische Mitbestimmung, keine freie Entfaltung der Persönlichkeit und auch keine Religionsfreiheit. Den Grundwert der freien Meinungsäu-ßerung zu schützen, bedeutet aber auch, sie zu ertragen. Denn die Freiheit des Wortes ist die Freiheit zur Kritik wie auch die Freiheit zum Spott. Sie endet erst dort, wo Worte einen Menschen verleumden, seine Würde bestreiten oder ihn der Gewalt preisgeben.
Das Recht auf Meinungsfreiheit ist mit dem Recht auf Versammlungsfreiheit untrennbar ver-bunden. Der demokratische Rechtsstaat hat die Versammlungsfreiheit mit allen Mitteln zu schützen – nicht nur indem er sie gewährt, sondern auch, indem er die friedliche Versamm-lung freier Bürgerinnen und Bürger aktiv ermöglicht.
III.
Die Regionen Nordrhein-Westfalens sind seit mehr als 100 Jahren ein Einwanderungs- und Integrationsland. Diese Einwanderung hat dazu beigetragen, unser Land stark und erfolg-reich zu machen. Und sie bereichert uns noch immer.
Als Bürgerinnen und Bürger gehören heute alle Menschen zu Nordrhein-Westfalen, ganz gleich, ob sie glauben oder nicht glauben, ob sie Juden, Muslime oder Christen sind, einer anderen Religion angehören oder eine andere Weltanschauung vertreten.
Hier hat jeder Mensch das Recht, friedlich seine Religion zu leben. Aber niemand hat das Recht, einen Menschen auf seine Religion zu reduzieren, und niemand muss sich für seine Religion rechtfertigen.
Es ist keine Religion, die unsere Freiheit bedroht. Es ist der Fanatismus, und es ist die Angst, die unser Zusammenleben vergiften soll.
Die überwältigende Mehrheit der Musliminnen und Muslime in Deutschland und in der Welt ist friedlich und lehnt den Terror im Namen des Islams ab. In Nordrhein-Westfalen gedach-ten Vertreter verschiedener Glaubensrichtungen, darunter christliche, muslimische und jüdische Würdenträger, der Opfer in Frankreich. Bürgerbündnisse hielten Mahn-wachen für Toleranz und das Recht auf freie Meinungsäußerung ab.
Solange wir uns gemeinsam den Bürger- und Menschenrechten verpflichtet fühlen, wird das, was uns unterscheidet, uns nicht trennen.
Im Gegenteil: Unterschiede bedeuten Vielfalt und Vielfalt macht uns stärker.
In Nordrhein-Westfalen zählt die gemeinsame Zukunft, nicht die unterschiedliche Herkunft.
3
IV.
Der Anschlag auf die Freiheit in Frankreich ist ein Anschlag auf die Freiheit in ganz Europa. Wir Europäer verstehen die Terrorakte von Paris als Angriff auf unser gemeinsames Werte-fundament. Wir verstehen sie als krassen Widerspruch zum europäischen Gedanken.
Dem „Je suis Charlie“ muss nun ein „Nous sommes Charlie!“ folgen.
Damit würde der Anschlag auf unsere Freiheit an den Werten scheitern, die Europa schon heute einen.
Norbert Römer Marc Herter und Fraktion
Armin Laschet Lutz Lienenkämper und Fraktion
Reiner Priggen Sigrid Beer und Fraktion
Christian Lindner Christof Rasche und Fraktion
Dr. Joachim Paul Marc Olejak und Fraktion
Link zum Video und zur Berichterstattung des WDR zur interfraktionellen Resolution des Landtags