Plenarrede von Marion Warden, MdL zum Antrag der Fraktion der Piraten

Plenarrede TOP 8
Antrag der Fraktion der Piraten „Sanktionsverschärfungen im SGB II verhindern!“

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren!

Lieber Torsten Sommer,
da habe ich nun wirklich schon gründlicher recherchierte und argumentierte Anträge aus eurer Fraktion gesehen. So ein existenziell wichtiges Thema wie „Sanktionen im SGB II“ wird von Ihnen in spärlichen 31 Zeilen einschließlich Beschlussvorschlag, oberflächlich recherchiert, abgehandelt.

Der Antrag der Piraten Fraktion basiert, so wird es formuliert, auf Medienberichten nach denen die Bundesagentur für Arbeit eine Weisung an die Jobcenter gegeben habe, wonach „härter“ gegen die Kunden vorzugehen sei. Bemühe ich jetzt die Grundlagen der deutschen Sprache, so bewegt sich der Antrag auf einer Annahme, abgeleitet aus Berichten der Medien. Ich hätte mir mindestens vorgestellt, dass der genaue Inhalt oder auch das Datum eines solchen Erlasses und damit „Tatsachen“, Gegenstand eines Antrages seien.
Um es gleich vorweg zu sagen, dem Antrag werden wir als SPD Fraktion nicht zustimmen.

Zum einen entzieht sich eine und damit auch hier die von Ihnen vermutlich angesprochene fachliche Weisung der Bundesagentur für Arbeit, datiert vom 20.07.2016, den Einflussmöglichkeiten der Landesgesetzgebung bzw. einem Verfahren des Bundesrates. Wenn überhaupt jemand Einfluss nehmen könnte, so wäre dies das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Rahmen der Aufsicht, wenn Weisungen der BA rechtlich nicht haltbar sein sollten.

Zum anderen möchte ich aber auch noch inhaltlich zu Ihrem Antrag ausführen:
Sie erwähnen dort Grundsätze aus dem Sozialleistungsbereich, ohne diese aber in den erforderlichen Gesamtkontext des im Grundgesetz in den Art. 20 und 28 verankerten Sozialstaatsprinzips und der daraus abgeleiteten dreistufigen Sozialpflichtigkeit, zu sehen.

So definiert § 9 SGB I Allgemeiner Teil und die §§1 und 2 des SGB II, Aufgabe und Ziel der Sozialhilfe bzw. der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Damit unmittelbar verbunden ist die Verpflichtung der Leistungsbeziehenden, nach „ihren Kräften mitzuwirken“, bevor die Solidargemeinschaft eintritt.

Diese wesentlichen, dem Subsidiaritätsprinzip folgenden Grundsätze, lassen Sie leider unbeachtet. Aber genau diese Mitwirkungspflichten einzufordern ist oft mühsamer Alltag in den Jobcentern und Sozialämtern, deren Alltag mir persönlich nach vielen Jahren Tätigkeit in diesen und ähnlichen Bereichen als oft belastend in Erinnerung ist. Diese Belastungen beruhen übrigens häufig auf ungeeigneten Sanktionsmöglichkeiten, die, und das muss gesagt werden, bei einem kleinen, aber oft schwierigen Teil des Klientels nötig sind.

Als SPD, haben wir übrigens gegenüber dem Bund eine Reform der Sanktionen im neunten SGB II Änderungsgesetz zur Gleichbehandlung jüngerer und älterer Arbeitssuchende bzw. zum Verzicht auf Sanktionierungen in den Kosten der Unterkunft, wenn auch bisher vergeblich, gefordert. Und daran halten wir auch fest!

Eine Anmerkung zum Schluss meiner Rede:
Sie nennen die Sozialgesetzgebung im SGB II „Repressionsmaschinerie Hartz IV“ – für mich ist das SGB II Teil unsere Sozialgesetzgebung, um deren Ausprägung uns viele Menschen weltweit beneiden.

Ihrem Antrag stimmen wir nicht zu.
Vielen Dank